Ordnung wie sich die
Küster in beiden Kirchen zu verhalten haben.
Im Jahre 1656.
Nachdem bisher bei den
Küstern Unklarheit über die Ausübung ihres Amtes besteht, insbesondere
wie sie sich in ihrem Dienst zu verhalten haben, haben wir die bisher bestehende
Ordnung erneuert. Wir haben den Küstern deshalb neue Vorschriften erteilt,
damit den Pastoren und Predigern richtig gedient und die Interessen der Kirche
wahrgenommen werden.
1. Die Küster sollen die Herren Pastoren und Prediger, die die Predigt
halten und nach dem zweiten Läuten noch nicht in der Sakristei anwesend
sind, in ihrer Wohnung aufsuchen um diese auf den Beginn des Gottesdienstes
aufmerksam zu machen. Sie haben die Pastoren und Prediger beim Gottesdienst
und der Wahrnehmung kirchlicher Aufgaben zu unterstützen, auch bei Krankenbesuchen.
Alle Anordnungen, die ihnen in Angelegenheiten der Kirche erteilt werden, sind
zu befolgen. Sie sollen dienstbereit, folgsam und gehorsam sein. In Zeiten der
Pest, wenn sie neben den Kirchendienern und Krankenbesuchern als Zeuge bei der
Abfassung eines Testamentes gefordert werden, dürfen sie sich nicht weigern.
2. Zur Vermeidung von Ärgernissen haben sie ein nüchternes und zurückgezogenes
Leben zu führen und sich allen Vollsaufens und einer unordentlichen Lebensführung
zu enthalten.
3. Sie sollen an allen Sonn- Predigttagen morgens, mittags und abends, zu den
angesetzten Zeiten, nicht zu früh und nicht zu spät, die Glocken läuten.
Wenn ein Toter nach dem Begräbnis überläutet wird, müssen
sie darauf achten, das durch zu langes läuten die Glocken nicht beschädigt
werden. Auch dürfen die Klöppel nicht zu lang sein, damit beim Ausschlagen
an den Glocken kein Schaden entsteht oder die Klöppel zerschlagen werden.
4. Bei den Predigten haben sie die Prediger bis an die Kanzel zu begleiten oder
dem Prediger vorauszugehen. Danach stellt sich einer von ihnen neben die Kanzel,
während der andere sich an der Seite der Kirche aufstellt. Wenn kein Bürgermeister
in der Kirche ist und deshalb auch keine Stadtdiener anwesend sind, haben sie
die Türen am vordersten Gestühl beim Chor für die Kollektanten
zu öffnen und zu schließen. Sie dürfen ihre Aufgabe keineswegs
aufteilen, sondern müssen sich stets in der Kirche aufhalten. Falls sie
Unruhe in der Kirche, hervorgerufen durch Jungen, Kinder, Hunde oder dergleichen
feststellen, ist diese sofort von ihnen abzustellen.
5. Durch Reinigen und Säubern der Kirche wird der Kirchendienst geehrt.
Deshalb sollen sie die Kirchen rein und sauber halten. Jede Woche muss die Kirche
einmal und falls notwendig auch zweimal gefegt werden. Zur Vermeidung von Staub
ist der Boden mit Wasser zu besprengen. Ebenso sind Staub und Spinngewebe jede
Woche von den Fenstern und Pfeilern zu entfernen und zwar soweit, wie man mit
einem langen Stecken und einem Ledertuch reichen kann. Auch von den Stühlen
und Bänken ist der Staub abzuwischen. Vor den Predigten und dem Gesang
ist das Herrengestühl zu säubern. Die Kissen sind frei von Staub ins
Gestühl zu legen und zur rechten Zeit wieder Abzunehmen und aufzubewahren.
6. Sie haben sorgsam darauf zu achten, dass niemand die Kirchen oder den Kirchhof
verunreinigt, die Fenster einwirft oder sonst Schaden anrichtet. Soweit möglich,
haben sie dieses zu verhindern. Ist das nicht möglich, sind die Täter
zu notieren und dem Kirchmeister zu melden.
7. Sie haben das Laufen, Spielen, Hängen an den Glockenseilen, Geschrei
und Unruhe durch Jugendliche in der Kirche zu verhindern und sie zur Ehrbarkeit
und züchtigem Verhalten anzuhalten.
8. Sie sollen alle Wachs- und andere Lichter vor den Predigten zur rechten Zeit
an den dafür bestimmten Stellen aufzustellen, danach sie sorgfältig
zum Nutzen der Kirche wieder in Verwahrung nehmen.
9. Sie sollen die kirchlichen Gewänder, Bücher und alles, was ihnen
sonst laut Inventarverzeichnis übergeben wurde, sorgfältig pflegen
und aufbewahren.
10. Sie sollen vor Spendung der heiligen Sakramente die Bänke der Ältesten
und Diakone reinigen und mit Kissen versehen. Ebenso müssen sie die Bretter,
auf denen die Psalmen aufgeschrieben werden, reinigen, den Schuldienern vorlegen
und wieder an den Gewöhnlichen Stellen aufhängen. Sie haben für
die Austeilung des heiligen Abendmahles Wein und Brot zur rechten Zeit bereitzustellen.
Sie sollen sich zu beiden Seiten des Chores mit dem Chorstrick in den Händen
aufstellen und damit die Kommunikanten in guter Ordnung halten, damit Gedränge
vermieden wird. Brot und Wein, das übrig geblieben ist, soll alsbald zur
Verwendung für die Armen und Kranken zum Hospital gebracht werden.
11. Bei der Taufe müssen sie das Taufwasser bereitstellen. Sie haben die
Vor- und Zunamen der Täuflinge, wie auch die Namen der Eltern und der Taufpaten
in einem besonders dafür vorgesehenen Buch zu vermerken.
12. Ebenso sind die Namen der Personen, die sich zur Eheschließung proklamieren
lassen wollen, für jede Bekanntmachung gesondert in einem Buch mit dem
Titel
"liber proclamationum matrimonialium" mit dem Datum einzutragen. Die
Eintragung darf jedoch nur erfolgen, wenn vorher der Prediger seine Einwilligung
gegeben hat, um dieser damit den rechtlichen Charakter zu geben.
13. Falls außergewöhnliche Dinge in der Kirche vorfallen oder notwendige
Reparaturen erforderlich sind, ist der zuständige Kirchmeister zu unterrichten,
damit die Angelegenheit geregelt bzw. der Schaden behoben werden kann. Sollte
der Kirchmeister die Sache verzögern, ist der Rat zu informieren.
14. Sie sollen für ihren Dienst von den Leuten nichts fordern. Sofern ihnen
jemand etwas freiwillig gibt, dürfen sie dies annehmen.
Es soll auch einer von ihnen die Kirchengelder gegen eine übliche Entschädigung
einnehmen und darauf achten, dass niemand übersehen wird. Der eingenommene
Betrag ist alsbald dem Kirchmeister abzuliefern.
Die vorstehend
aufgeführten Punkte und Artikel sind sorgfältig zu beachten. Wer hiergegen
verstößt oder ungehorsam ist,
wird, ohne jede Entschuldigung gelten zu lassen, seines Amtes enthoben und dazu
noch nach Ermessen bestraft.
Hiervor werden die Küster besonders gewarnt.
Anno 18. Februar 1656
Entnommen:
Historische Vereinigung Wesel e.V.
Weseler Edikte 1600 - 1769 Band 1 bearbeitet von Erich Wolsing
unter Mitarbeit von Theresia Schachtschneider
erschienen 1998
Robert Blech